Fiesch tickt anders

 

In unseren Breiten werden die Schatten länger, während Morgennebel die bleiernen Inversionslagen ankünden. Der Hunger nach Startüberhöhung zieht die unmotorisierten Vögel in den Süden. So treffen sich am zweitletzten Septemberweekend Dutzende von Ghüddersäcke, Stewis und Schalplatten auf Kühboden. Auch ein harter Kern vom HCNWCH will dort dem Schönen frönen, das sind Andres und Monika, Schämpä und Cornelia, Gugi und Tessi, die Vogtei und Bölchi komplett (je mit Familie und Hund), meine Wenigkeit mit Bikersohn Daniel und last but not least der am Sonntag eingetroffene Präsi Heinz.

Schon um elf Uhr schränzt es die ersten Lümpe nach oben ins heute unendliche Blau, sodass ich beschliesse, den Bike-Ausflug mit Daniel zur Rieder Furka am Sonntag zu unternehmen. Der Begrüssung am gutbevölkerten Startplatz folgt konzentriertes Aufbauen in Vorfreude auf einen herrlichen Sightseeing-Flug. Ich bin aber bös aus der Übung und muss eine Stewi-Wirrlete lösen, sodass ich erst um 14 Uhr fast als letzter starten kann. Nach dem anfänglich üblichen Abtasten geht es flott obsi. Ab Kretenhöhe und darüber ist es aber eigenartig turbulent, auf ca. 3500m wird es geradezu bockig zerrissen. Da ich kein Meteo konsultiert habe und meinen Höhenmesser nicht in den Griff bekomme, schicke ich mich in die Vermutung, dass wohl eine starke Windscherung hier oben wie eine Wolkenbasis das Höherkommen behindert. Starkes Saufen auf der Querung nach Bellwald zeigt auch an, dass starker Wind herrscht, also viel gestörte, zerrissene Thermik zu erwarten ist. In Bellwald ist sie aber wieder derart stark, dass man regelrecht hochgeschleudert und dann auf ca. 3500 m nur noch geschleudert wird. Darunter geht’s aber hurtig weiter bis zum Blinnenhorn, wo ich allerdings umkehre, weil ich keine Lust verspüre, in der Grimsel-Spülung abzusaufen. Auf Höhe der Waldgrenze reite ich wie auf einem bockigen Esel zurück in die Riesen-Windhose von Bellwald. Die anschliessende Talquerung kostet mich wieder rund 1000 m, aber der Kühboden bietet immer noch vergleichsweise friedliches Steigen, sodass ich gut 500 m über dem Eggishorn beschliesse, auch dem Riederhorn noch die Referenz zu erweisen.

Dieser Ausflug verläuft vergleichsweise ruhig und optisch genussvoll, sodass ich befriedigt Fiesch entgegengleite. Aber egal, wo ich mich hinbegebe, die letzten 1000 m Sinkflug fühle ich mich wie eine Socke im Tumbler. Auch im Landeviereck fliegt sich mein CX in sicherer Überfahrt noch wie ein Wildhengst im Rodeo, erst im Endanflug bremst der nahe Boden wenigstens die vertikalen Stösse.

Bin ich ganz einfach aus der Übung oder war das wirklich so sauturbulent? Andere Piloten bestätigen, dass sie meinen Eindruck vom Flug geteilt hätten.

Erschöpft baue ich gemütlich ab und schlendere zur Station, um das letzte Bähnli um 18.30 nach Kühboden zu nehmen. So kann ich dort rechtzeitig zum bestellten Dinner um 19.00 eintreffen. Glaube ich wenigstens. Die Menschenleere bei der Station und die verschlossene Tür zeigen mir aber: die letzte Bahn fuhr in der aktuellen Herbstsaison bereits um 17.30. Da ich grössten Wert auf das gemeinsame Dinner mit meinen Clubfreunden lege, beschert mir anschliessend die Beinthermik etwas, wovon wir Piloten doch immer träumen: Eineinhalb Stunden ununterbrochenes, gleichmässiges Steigen.

Das Dinner schmeckt auch mit leichter Verspätung super, und bis zum Dessert habe ich die Clubrunde kulinarisch eingeholt. Es wundert sich anschliessend niemand, dass ich mich schon bald ins Lager verkrieche.

Ich verpasse dann auch nicht als einziger das Morgengrauen, aber das Morgengold, dass der wieder herrliche Sonn(en)tag über die umliegenden Berge giesst, weckt beim lukullischen Frühstück schon wieder viel Vorfreude auf einen herrlichen Tag. Am Abend erfahre ich dann, es sei ein traumhafter und wieder ruhigerer Flugtag geworden, aber nach dem tollen Flug vom Vortag bereue ich nicht im geringsten, diesen Tag mit Daniel via Moosflue zur Riederfurka und anschliessend downhill bis zur Rhone hinunter auf dem Bike verritten zu haben. Die folgenden Bilder hat Daniel mit seinem nagelneuen Palm geschossen. Sie sollen allen, die dieses herrliche Clubweekend verpasst haben, einen Abglanz übermitteln von den schönen Erinnerungen, die es den Teilnehmern schenkte.

 

Bequem obsi mit dem Göndeli...                                                       vor dem Abheben ins Glück...

 

Daniels Bike-Ausflug am Samstag zum Märjelensee      Gletschi, von der Moosflue aus gesehen

 

 G’sehnd ihr’s au nüm so ganz?

Niggi